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22.02.2024

Erste Studienreise in neuer deutsch-ukrainischer Abfall-Betreiberpartnerschaft

Ukrainischer Zweckverband aus der Region Poltawa entwirft das gemeinsame Abfallmanagement für vier Kommunen mit Hilfe des Bergischen Abfallwirtschaftsverbands

Das Gelände von :metabolon | Foto: BAV

Im September 2023 sind der Bergische Abfallwirtschaftsverband (BAV) und der ukrainische Abfallzweckverband EcoService2022 eine Partnerschaft eingegangen, die dem Wissensaustausch dienen soll. Dadurch kann das junge Betreiberunternehmen aus der Ukraine von der über 40-jährigen Erfahrungen des BAV beim Auf- und Ausbau einer effizienten Abfallentsorgung schöpfen. Die ukrainischen Gemeinden Hrebinka, Nowoorzhyzke, Pyrjatyn und Tschornuchy in der zentralukrainischen Region Poltawa gründeten im November 2022 einen Zweckverband. Sie bündeln damit ihre Ressourcen und verbessern ihre kommunalen Dienstleistungen. Auch der BAV hat einmal mit der Entsorgung einiger weniger Kommunen angefangen. Heute ist der Betreiber für 10 Kommunen mit der vollständigen Abwicklung der Abfallentsorgung betraut und betreibt erfolgreich seinem Innovationsstandort :metabolon.

Anfang Dezember 2023 waren die ukrainischen Partnerinnen und Partner das erste Mal für eine Woche auf :metabolon zu Gast. Im Rahmen der Studienreise zeigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BAV und weiteren beteiligten Entsorgungsunternehmen, wie Abfallmanagement und Kreislaufwirtschaft in Deutschland funktioniert und diskutierten mit der ukrainischen Delegation, welche strategischen Entscheidungen nun für EcoService2022 anstehen bei der weiteren Ausgestaltung ihres Mandats.

Landrat Jochen Hagt und Monika Lichtinghagen-Wirths, Geschäftsführerin des BAV, stellten die Wirtschaftsförderung im Oberbergischen Kreises und die Arbeit des BAV als Zweckverband des öffentlichen Rechts vor. Besonders die tagtägliche Organisation der Abfallsammlung, Abfallbehandlung und Wertstoffrückgewinnung sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden thematisiert. Die Gäste informierten sich auch über die kommunalen Strukturen der Abfallwirtschaft, Gebührenstrukturen und Abfallberatung für Bürgerinnen und Bürger. 

Im Verlauf der Woche wurden auch Abfallsortier- und behandlungsanlagen besichtigt. In der kombinierten Vergärungs- und Kompostierungsanlage der AVEA hat sich die Delegation über die Umwandlung von Bioabfällen zu Bergischem Kompost und die Rückgewinnung von Strom und Wärme zur Versorgung des Standortes informiert. Die getrennte Sammlung von Bioabfällen ist in der Ukraine noch nicht verbreitet und bietet zukünftig eine große Chance zur Reduzierung der zu deponierenden Abfallmengen, bedarf aber eines umfassenden Expertenaustauschs und Kapazitätsaufbaus.

Im Bereich des Restabfalls zeigten AVEA und Refer, wie die nicht-recyclebare Fraktion der Siedlungsabfälle im Müllheizkraftwerk in Leverkusen zur Versorgung der Stadt mit Wärme und Strom verwertet wird und wie dann am Standort :metabolon aus den Verbrennungsaschen die Eisenmetalle und Nichteisenmetalle, wie Aluminium, Kupfer, Messing und verschiedene Edelmetalle zurückgewonnen werden.

Bei der Firma Lobbe erhielt die Delegation einen Einblick in die Sortierung von Leichtverpackungsmaterialien aus dem Dualen System. Erste Ansätze zur Sammlung und zum Recycling von Wertstoffen sind in der Ukraine bereits umgesetzt und sollen auch mit der Unterstützung der Betreiberpartnerschaft weiter ausgebaut werden. Hierfür ist es entscheidend ein gutes Materialflussmanagement mit Abfallservice, Wertstoffhöfen und Containerdienst sowie einer papierlosen Logistik aufzubauen. Darüber informierten die Mitarbeitenden von RELOGA und REVEA und veranschaulichten die Theorie mit dem Besuch des Wertstoffhofs auf der Deponie Leppe.

Die beste Technologie nützt aber nichts, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht ausgiebig informiert und zur richtigen getrennten Sammlung angeregt werden. Dies übernimmt beim BAV ein engagiertes Team von Abfallberaterinnen und Abfallberatern, die der Delegation ihre Kommunikationsarbeit vorgestellt haben, sodass ähnliche Formate auch künftig in der Ukraine umgesetzt werden können.

Für die Partnerinnen und Partner von EcoService2022 aus den Gemeinden Hrebinka, Nowoorzhyzke, Pyrjatyn und Tschornuchy bot dieser Erfahrungsaustausch wichtige Einblicke für die zukünftige Ausrichtung zur Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft in der Ukraine. Die Studienreise zeigte der Delegation aber auch, dass sie nicht allein dasteht und dass der deutschen Partner einen Beitrag zur Annäherung an die EU-Standards im Abfallrecht im Zuständigkeitsgebiet der ukrainischen Partner leisten kann. Die Delegation reist zurück in eine ungewisse Zukunft, doch trotz Krieg und Zerstörung beweisen die Partnerinnen und Partner aus der Region Poltawa einen starken Willen zum Aufbau einer nachhaltigen Abfallwirtschaft.

Ergänzend zur über die Betreiberplattform geförderten Partnerschaft wird EcoService2022 bis März 2025 außerdem durch das GIZ-Projekt "Exportinitiative Umweltschutz" im Auftrag der Exportinitiative Umweltschutz des Bundesumweltministeriums (BMUV) im Aufbau der notwendigen personellen und institutionellen Kapazitäten durch fachliche Beratung und Training vor Ort unterstützt.


erstellt von:
Friederike Barthe-Carpentier, Betreiberplattform


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