Im letzten Quartal 2021 wurden vier neue Partnerschaften zwischen Betreibern aus Deutschland und aus Tansania, Sambia, Südafrika und der Ukraine initiiert. Um diesen Partnerschaften einen gelungenen Start zu ermöglichen und die bereits etablierten Partnerschaften weiter zu stärken, führte die Betreiberplattform im November und Dezember 2021 insgesamt neun Schulungen und Netzwerkveranstaltungen durch.
Wertesysteme, damit verbundene Traditionen, Wahrnehmungen, Sichtweisen und soziale Rollen sind in jeder Kultur anders. Dasselbe Wort kann in der einen Kultur eine andere Bedeutung haben, wie in einer anderen. Missverständnisse und soziale Konflikte zwischen den Kulturen zweier Länder können dadurch leicht ausgelöst werden. Um diese zu vermeiden und um eine gemeinsame Sprache zu finden, wurden für die Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland Landeskundekurse zu ihren jeweiligen Partnerländern angeboten. Werte, Normen und Weltbilder, wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie Selbst- und Fremdbilder aus deutscher und der Sicht des jeweiligen Landes wurden in Kurzvorträgen, Übungen, Rollenreflektionen, Fragerunden und Diskussionen behandelt. Ein Fokus lag dabei auf der Arbeits- und Kommunikationskultur – z.B. die Rolle von Hierarchien, Planungsverhalten und Zeitmanagement –, insbesondere in kommunalen Unternehmen und in der Wasserwirtschaft.
Die Vertreterinnen und Vertreter der ukrainischen Wasserunternehmen bekamen umgekehrt die Gelegenheit, das „Deutschsein“ besser zu verstehen. Neben dem Erlangen von Hintergrundwissen zu Gesellschaft, (Kommunal-)Politik, Wirtschaft, insbesondere Wasserwirtschaft und Kultur in Deutschland lag der Fokus auf der Gegenüberstellung von Wertesystemen, Kommunikations- und Verhaltensmustern in Deutschland und in der Ukraine, insbesondere im Arbeitskontext. Kulturelle Unterschiede und der Umgang mit kulturbedingten Missverständnissen und Konflikten wurden durch Übungen zu Gesprächs- und Verhandlungsführung in Deutschland herausgearbeitet.
In einem nächsten Schritt trafen sich die Partnerinnen und Partner aus Lviv, Ukraine, und Dresden direkt, wenn auch virtuell. Zunächst ging es darum, sich besser kennen und verstehen zu lernen und Vertrauen aufzubauen – und dies ist nach Aussage aller Beteiligten auch gut gelungen. Im Planungsverhalten zeigte sich die deutsche Seite sehr präzise und detailreich. Die ukrainische Seite punktete dagegen damit, dass sie weniger Angst vor Fehlern habe und ein hohes Improvisationstalent zur Umsetzung von Plan B, sollte Plan A nicht gelingen. Da können wohl beide Seiten voneinander lernen. Darüber hinaus wurden über Ziele, mögliche Hindernisse, Erfolgsfaktoren und gemeinsame „Spielregeln“ innerhalb der Partnerschaft diskutiert. Hier wurde eine Basis geschaffen, auf der sich weiter aufbauen lässt.
Ca. 70 Personen aus sieben Partnerschaften trafen sich zu einem partnerschaftsübergreifenden Erfahrungsaustausch. Jede Partnerschaft konnte im Rahmen eines „virtuellen Gallery Walk“ einen Einblick in ihre Aktivitäten seit dem letzten Treffen geben und über ihre aktuellen Herausforderungen, aber auch schon gemeisterten Erfolge berichten. Die Ergebnisse des Austauschs wurden auf einem virtuellen Whiteboard und als Graphic Recording festgehalten. Es entstanden dynamische, inspirierende Diskussionen und viele wechselseitige kollegiale Beratungen. Weitere übergreifende Austauschformate dieser Art wurden von allen Beteiligten gewünscht. Einzelheiten in unserer ausführlichen Dokumentation.
Neben diesen vertrauenschaffenden Formaten und Formen des Erfahrungsaustauschs ging es auch um konkrete Techniken für die Kommunikation in dieser virtuellen Zeit. „Jeder Mensch ist ein Künstler“, meinte Joseph Beuys, „sofern er mit der Aktion an der Sozialen Plastik mitarbeitet.“ So ist dann auch jeder Mensch ein „Filmschaffender“, sofern er dadurch die Trinkwasserversorgung verbessert. In diesem Training wurde prägnant wie phantasievoll aufgezeigt, wie sich mit einfachen Mitteln mit Smartphones kurze Filme, beispielsweise Interviewszenen, drehen lassen, was es bei Kamera- und Toneinstellungen zu beachten gibt und wie der goldene Schnitt gelingt. Präsentation: Videoproduktion mit dem Smartphone [pdf, 34 Seiten, 7,6mb]. Das Video soll den teilnehmenden Unternehmen helfen, Wissen auch aus der Ferne zu vermitteln (z. B. über den Betrieb von Industrieanlagen), z. B. durch Interviews mit Expertinnen und Experten.
In diesem Training wurde der Werkzeugkasten für die virtuelle Zusammenarbeit erweitert. Die Teilnehmenden lernten, wie sich anhand formulierter Lernziele virtuelle Trainings und Projektwerkstätten aufbauen und gestalten lassen. Wie lässt sich das Gruppengefühl stärken? Welche Formate (Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Plenumsdiskussionen, Lehrvortrag) sind wann adäquat? Welche Online-Tools, z.B. für Umfragen, Brainstormings, Planungsprozesse, etc., gibt es und was ist jeweils zu beachten? Dies und weitere Fragen wurden in diesem Training behandelt. Sie werden die Teilnehmenden stärken, die Zusammenarbeit in ihrer Partnerschaft auch virtuell möglichst effektiv zu gestalten.
Die angebotenen Schulungen und Netzwerkveranstaltungen wurden gut aufgenommen und haben sich bewährt. Weitere werden in diesem Jahr folgen. Auch die große Bedeutung eines partnerschaftsübergreifenden Erfahrungsaustausches wurde deutlich.
Die Betreiberplattform ist inzwischen auf sieben Partnerschaften angewachsen. „Starte früh, bevor die Flut kommt!“ lautet ein Sprichwort aus Sambia. Gemäß diesem Motto werden wir auch weiterhin die Partnerschaften dabei unterstützen, gemäß dem Nachhaltigkeitsziel 6 der Agenda 2030, in ihren Kommunen den Zugang für alle zu Trinkwasser und Sanitärversorgung zu gewährleisten, gerade in Zeiten des Klimawandels – in den Partnerländern wie in Deutschland.