Nach einer ersten Kontaktanbahnung im Juni 2022 auf der IFAT in München und einer ersten Delegationreise der ukrainischen Kolleginnen und Kollegen nach Deutschland nimmt die Solidaritätsbetreiberpartnerschaft weiter an Fahrt auf. Tammo Janßen vom OOWV stellte den über 40 Teilnehmenden gemeinsam mit seinen Partnerkolleginnen von Chernihivvodokanal und Miskvodokanal in Sumy den Stand der Kooperation und geplante Aktivitäten vor. Die Partnerschaften sind zunächst auf zwei Jahre angelegt.
Chernihiv, im Norden der Ukraine, nicht weit von der belarussischen Grenze gelegen, ist das administrative Zentrum des Verwaltungsbezirks Chernihiv Oblast. Chernihiv erlangte im Krieg eine Berühmtheit als „Heldenstadt“, da sie sich erfolgreich einer russischen Besatzung widersetzte und den russischen Vormarsch stoppte. Der Versorger Chernihivvodokanal ist für ca. 300.000 Menschen in der Stadt und den umliegenden Dörfern für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung zuständig. Von den 560 km des Trinkwasserleitungsnetzwerkes wurden 15 km durch die Kriegseinwirkungen zerstört und weitere Teile beschädigt. Härter hat es noch die Pumpstationen getroffen. Von den fünf Stationen wurde eine zerstört und zwei weitere stärker beschädigt. Der OOWV unterstützt nun dabei, durch Lieferung von Pumpen und Bereitstellung von Know How, eines der beschädigten Pumpwerke zu reparieren. Dieses Pumpwerk soll später als Modell für die Reparatur bzw. den Wiederaufbau der anderen beiden Pumpwerke dienen. Erste Materiallieferungen wurden bereits im November 2022 auf den Weg gebracht. Die Besichtigung der deutschen Trinkwasseraufbereitungsanlage des OOWV in Nethen während der Delegationsreise dient den ukrainischen Fachleuten dabei als Inspirationsquelle.
Sumy im Nordosten, nahe der russischen Grenze gelegen, ist die Hauptstadt des Sumy Oblast. Vom ersten Kriegstag an war Sumy Luftangriffen der russischen Armee ausgesetzt. Russische Truppen besetzten Vororte der Stadt und im Zentrum gab es Häuserkämpfe. Sumy war vorübergehend ohne Stromversorgung und die Trinkwasserversorgung konnte phasenweise nur notdürftig über Tanklastwagen aufrechterhalten erhalten werden. Teile des Abwassernetzes wurden beschädigt oder zerstört. Eine einmonatige Ausgangssperre erschwerte zudem die Beschaffung von Kraftstoffen, Generatoren und Reparaturmaterialien. Aufgrund anhaltender Luftangriffe ist die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung nach wie vor bedroht. Der reguläre Betrieb konnte aber inzwischen wieder aufgenommen werden. Der OOWV unterstützt nun den Versorger Miskvodokanal durch ein Kanalinspektionssystem, um Schäden schneller aufzuspüren und beseitigen zu können.
Alle drei Seiten möchten die Zusammenarbeit in diesem Jahr weiter verstärken, durch weiteren Fachaustausch und Bereitstellung benötigter Materialien. „Unsere professionelle und freundschaftliche Beziehung wird nach dem Krieg noch stärker werden“, beschrieb Tammo Janßen die Zusammenarbeit und seine Kollegin aus Chernihiv entgegnete: „Nach unserem Sieg werden wir Euch sofort einladen.“
Zum Abschluss berichteten Kristin Michalek-Götz von der Stadtentwässerung Dresden und Volodymyr Bilynskyy von Lvivvodokanal in Lviv, wie der Krieg ihre Betreiberpartnerschaft, die bereits in 2021 gegründet wurde, weiter gestärkt hat. Bereits zwei Wochen nach Kriegsbeginn organisierte die Stadtentwässerung Dresden gemeinsam mit den weiteren Projektbeteiligten Stadtentwässerung Köln und den Berliner Wasserbetrieben einen Hilfskonvoi mit dringend benötigtem technischem Gerät, wie Generatoren und Chemikalien für die Trinkwasseraufbereitung. Dadurch wurde Lvivvodokanal besser in die Lage versetzt, trotz Kriegseinwirkungen seine Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. Diese technische Unterstützung war gerade zu Kriegsbeginn auch psychologisch sehr wertvoll. „Wir können die Unterstützung die ganze Zeit über spüren und wissen daher, dass wir nicht alleine sind“, kommentierte dies dankbar Volodymyr Bilynskyy, Koordinator für die Betreiberpartnerschaft in Lvivvodokanal.