Als Mitarbeitende des sambischen Betreibers Lukanga Water ihre Partner 2019 in Deutschland besuchten, entstanden viele Ideen, wie die Wasserversorgung in Kabwe verbessert werden könnte. Die COVID-19-Pandemie verhinderte lange Zeit einen Gegenbesuch im südlichen Afrika. Inzwischen finden wieder wechselseitige Besuche vor Ort in den Betrieben statt.
Lukanga Water Supply and Sanitation Company (LgWSC) Ltd. ist für die städtische Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Zentralprovinz von Sambia zuständig. Als einer von elf sambischen Betreibern beschäftigt das Unternehmen 260 Personen, versorgt 444.000 Menschen in der Zentralprovinz mit Wasser und betreibt das dortige Abwassersystem. Sämtliche Betreiber in Sambia sind privatrechtlich organisiert, gehören jedoch zu 100% den Kommunen in den jeweiligen zehn Provinzen des Landes (sog. “Commercial Utilities”). LgWSC wurde 2006 im Zuge der Reform des sambischen Wassersektors gegründet, in deren Verlauf die sozialverträgliche Kommerzialisierung der Wasser- und Sanitärversorgung vollzogen wurde, um Dienstleistungen zu professionalisieren und somit zu verbessern.
Die GELSENWASSER AG ist ein vielseitiges Infrastrukturunternehmen zur Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Strom- und Gasversorgung sowie zur dezentralen Energieerzeugung. Die börsennotierte Aktiengesellschaft mit über 5.500 Mitarbeitenden in der Gruppe gehört zu den größten deutschen Wasserbetreibern. Das Wasserwerk in Haltern ist eines der größten in Europa.
Emschergenossenschaft/Lippeverband sorgen im Einzugsgebiet der Emscher und der Lippe für Abwasserreinigung, Sicherung des Abflusses, Hochwasserschutz und Gewässerunterhaltung.
Der sambische Wasserversorger Lukanga weiß, wo seine Herausforderungen bei der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in der sambischen Zentralprovinz liegen: Die Wasserverluste sind mit etwa 50 Prozent zu hoch, viele administrative Prozesse wie das Rechnungswesen, das Datenmanagement und die technischen Dokumentationen sind ineffizient und den Mitarbeitenden fehlt oft unverzichtbares Know-how. In der langfristig angelegten Partnerschaft wollen sich die deutschen Betreiber und Lukanga intensiv austauschen und voneinander lernen.
So entwickelten die Partnerunternehmen einen Plan mit zunächst neun Arbeitspaketen, die sich einer breiten Themenpalette – von der Lagerung und Wartung von Pumpensystemen über Weiterbildungsmaßnahmen bis hin zum Aufbau eines Energiemanagements in der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung – widmen. Anfang 2021 starteten die Partner mit jenen Arbeitspaketen, die sie teils auch virtuell angehen können. So begann Lukanga mit einer Bestandsaufnahme seiner Anlagen, seines Wassernetzes und seiner Arbeitsprozesse. Seit November 2021 finden wieder wechselseitige Besuche vor Ort in den Betrieben statt um aus erster Hand Anregungen für die Arbeit zu bekommen.
Auch starteten die Partner bereits mit den Vorbereitungen für ihr Pilotprojekt. In einem nur ein Quadratkilometer großen Gebiet wollen sie in den nächsten zwei Jahren exemplarisch zeigen, wie Lukanga ein gut durchdachtes und effizientes Trinkwassersystem etablieren kann. In dem Pilotgebiet wollen sie Leckagen im Trinkwassernetz identifizieren und den aktuellen Stand des Rohrnetzes in einem GIS-System darstellen. In den Haushalten sollen durchgängig Wasserzähler installiert und das Rechnungsstellungssystem professionalisiert werden. So soll das Pilotprojekt zeigen, wie Lukanga seine Wasserverluste reduzieren und damit seine Einnahmen erhöhen kann.
Bei Besuchen in Deutschland erhielten die sambischen Kolleginnen und Kollegen Einblicke in Ausbildungs- und Arbeitsprozesse sowie Führungen über Anlagen der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung bei Gelsenwasser und Emschergenossenschaft/Lippeverband. Konkrete Aufträge, wie die Montage einer Reparaturdichtschelle und die Installation von sog. IoT-Devices zur Wasserstandsmessung wurden den Partnern mitgegeben. Eine Installation konnte vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang konnte auch ein direkter Austausch zwischen den Fachleuten der GIS-Abteilungen beider Unternehmen stattfinden. Die Erfassung der GIS-Daten im Pilotgebiet Pollen wird weiterhin vorgenommen, erste Erfolge zeichnen sich ab.
In enger Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten von Gelsenwasser und EGLV wurde ein Programm zur Aufklärung und Bewusstseinsschärfung zu den Themen Arbeitssicherheit und Energiemanagement entwickelt. Ein zentraler Ansatz ist dabei das Train-the-Trainer-Prinzip. So sollen die Fachleiute von Lukanga Water als Multiplikatoren auftreten und die Inhalte nachhaltig in ihre betrieblichen Prozesse implementieren. Ende letzten Jahres wurden ebenfalls weitere Trainings zum Thema Instandhaltung durchgeführt. Einige Anlagen wurden gereinigt, abgedichtet und Schutzanstriche erneuert.
Aufbauend auf den im Pilotgebiet durchgeführten Druckmessungen konnte eine Datenanalyse vorgenommen und Empfehlungen abgeleitet werden. Kleinere Anschaffungen, wie Werkzeuge und Schutzausstattung, wurden getätigt. Im Zuge eines koordinierten Asset-Management-Prozesses sollen Verantwortlichkeiten für Betriebsmittel klar geregelt werden. Die Maßnahmen sollen langfristig dazu beitragen, Wasserverluste zu reduzieren und die Einnahmen entsprechend zu erhöhen. Diese können dann wiederum in die weitere Optimierung der Infrastruktur zur Wasserversorgung und -entsorgung fließen. Siehe auch: Einbau von Zonenzählern – GIS – Asset Management.
Bis Ende 2023 will Lukanga auch in der Lage sein, mit einem soliden Investitionsplan fundierte Förderanträge für die Verbesserung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bei entwicklungspolitischen Gebern stellen zu können. Auch will Lukanga bis dahin seine Datenbanken optimiert haben, insbesondere indem das Unternehmen nach deutschem Vorbild die Daten aus unterschiedlichen Bereichen wie Ausschreibungs- und Wartungsmanagement sowie dem Rechnungswesen miteinander verknüpft. Die deutschen Partner versprechen sich von der Partnerschaft viele Gelegenheiten zum interkulturellen Lernen, zur Übernahme von Verantwortung auch im Globalen Süden sowie zur Mitarbeiterentwicklung.
Stand: Juli 2023
„Bei unserem Besuch in Deutschland war es faszinierend zu sehen, wie in den Kläranlagen aus Schmutzwasser Energie gewonnen wird. Auch das Echtzeit-Mapping des Rohrnetzes und seiner Wartung war beeindruckend. Wir sahen, wie gut und effizient ein Management-System funktioniert, wenn alle seine Bereiche von der Investitionsplanung über die Wartung des Rohrnetzes bis hin zum Rechnungswesen miteinander verknüpft sind.“
William Yoram Sinyangwe, Elias Njebele und Nangoma Mwaka Ng'andu, Lukanga Water Supply and Sanitation Company Ltd.
Sambia:
Lukanga Water Supply & Sanitation Company Ltd, Kabwe, Sambia
Deutschland:
GELSENWASSER AG, Gelsenkirchen (Lead-Partner)
Emschergenossenschaft / Lippeverband, Essen
(Co-Lead-Partner)
Themenschwerpunkte
Wasserverluste
Kostendeckende Tarife
Netzinfrastruktur
Organisationsprozesse