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13.06.2024

Vom Abfall zum Wertstoff

Verbesserung des Recyclings in Albanien und der Ukraine durch partnerschaftliche Zusammenarbeit

Besichtigung der Kompostieranlage von RETERRA | Foto: Burkhard Vielhaber

Auf dem siebten Netzwerktreffen der Betreiberplattform im April 2024 stellten die Vertreter*innen aus Cërrik und Sarandë in Albanien sowie aus Poltawa in der Ukraine ihre Partnerschaften vor – sowohl die bereits erzielten Erfolge, als auch die noch bestehenden Herausforderungen. Der Erfahrungsaustausch wurde ergänzt durch Besuche bei der Kompostierungsanlage RETERRA und dem Recyclinghof Hammerweg in Dresden. Fachlich unterstützt werden Cërrik und Sarandë durch ihren deutschen Partner, die Entsorgungsbetriebe Lübeck, und Poltawa durch den Bergischen Abfallwirtschaftsverband.

Cërrik - Albaniens erste Kompostieranlage

Die Gemeinde Cërrik beherbergt etwa 48.000 Einwohner*innen und ist überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Etwa 50 Prozent der Abfälle der Stadt sind daher Grünschnitte und Bioabfälle. Um diese Abfälle in Wert zu setzen und die hohen Kosten einer Verbrennung zu sparen, hatte der Bau einer Kompostieranlage hohe Priorität. Mit technischer Unterstützung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurde im Mai 2021 Albaniens erste Kompostieranlage fertiggestellt. Sie hat eine maximale Verarbeitungskapazität von 600 Tonnen Bioabfällen pro Jahr und beschäftigt fünf Mitarbeiter. Die Qualität des Kompostes hat sich als sehr gut erwiesen und findet bereits regen Absatz bei den lokalen Landwirten. Durch den Kompost wird die Fruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens erhöht und die unkontrollierte Verfaulung von Grünabfällen verhindert, durch die das sehr klimaschädliche Gas Methan entweicht. Bislang ist die Anlage mit 300 Tonnen jährlich nur zur Hälfte ausgelastet. Als nächstes Etappenziel wird die volle Auslastung angestrebt. Dies soll durch eine Erweiterung der Abfallsammelpunkte von 24 auf 61 und die Anschaffung eines weiteren größeren Kipplasters sowie mobile Schreddermaschinen erreicht werden. Außerdem soll durch ein modernes Druckluftverfahren die Zeit der Kompostreife von zwölf auf sechs Wochen halbiert werden. Durch den Aufbau eines Markennamens für den Kompost soll sich die Anlage mittelfristig  selbst finanzieren. Die Entsorgungsbetriebe Lübeck stehen seit drei Jahren beratend zur Seite und unterstützen derzeit bei der Effizienzsteigerung in der Behandlungstechnik und weiteren Veredelung des Kompostes.

Sarandë – Müllvermeidung durch Wertstoffrecycling

Sarandë ist eine alte Hafenstadt in Südalbanien mit ca. 33.000 Einwohner*innen und bei Touristen sehr beliebt. Zur Hauptsaison kann sich die Anzahl der Menschen verdrei- oder vervierfachen. Noch bis vor wenigen Jahren hatte Sarandë mit großen Müllproblemen zu kämpfen. Es gab zu wenig Müllcontainer in der Stadt, die zudem überwiegend in schlechtem Zustand waren: Wilde Deponien entstanden; Mülltrennung war in den Haushalten noch unbekannt; das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung war gering; in Saisonzeiten verdreifachten sich die Müllmengen. Aufgrund einer unzuverlässigen Trinkwasserversorgung war zudem das Aufkommen von PET-Flaschen besonders hoch.

Um erste Schritte zur Verbesserung des Abfallmanagements zu gehen, wurde mit deutscher Unterstützung ein Wertstoffhof für das Recycling von Papier und Plastik erbaut und im Januar 2021 eingeweiht. Er verfügt über eine hydraulische Presse, einen Gabelstapler und einen Lastwagen. Im Zuge des Projekts wurden Verträge für die Mülltrennung mit Unternehmen, Restaurants, Supermärkten und Schulen geschlossen und Sammelcontainer für die getrennte Erfassung von PET-Flaschen aufgestellt. Sensibilisierungskampagnen wurden in Kindergärten und Schulen und im April 2022 eine „Recyclingwoche“ durchgeführt. Zudem finden mittlerweile regelmäßig „Reinigungstage“ im gesamten Stadtgebiet statt. Als Resultat gibt es inzwischen fast keine wilden Müllkippen mehr und das Stadtbild hat sich deutlich verbessert. Außerdem konnten in den ersten beiden Jahren jeweils etwa 50 Tonnen Papier und fünf Tonnen Plastik recycelt werden. Geplant ist mittelfristig ein deutlicher Kapazitätsausbau vor allem bei Papier auf bis zu 360 Tonnen pro Jahr. Hierfür müsste die Anlage jedoch deutlich erweitert werden, um das Papier und Plastik trocken lagern zu können sowie weitere Maschinen und Lastwagen angeschafft werden. Die Entsorgungsbetriebe Lübeck stehen Sarandë seit drei Jahren beratend zur Seite und haben auch schon  Müllcontainer an die Stadt geliefert, um die Sammelquote zu erhöhen. Gegenwärtig wird gemeinsam an einem Konzept zur Optimierung des Abfallsystems gearbeitet.

EcoService2022 – der erste Zweckverband in der Ukraine

EcoService2022 ist ein kommunaler Abfallzweckverband bestehend aus vier ukrainischen Kommunen des Distrikts Lubenskyi in der Oblast Poltawa. Am 15. November 2022 unterzeichneten die Bürgermeister der Gemeinden Hrebinka, Nowoorzhyzke, Pyrjatyn und Tschornuchy eine Vereinbarung über die Gründung dieses gemeinsamen kommunalen Unternehmens zur Entwicklung eines Abfallwirtschaftssystems. Inmitten des Krieges nahm EcoService2022 im Mai 2023 seine Tätigkeit auf. Die erforderliche Ausrüstung wurde in Deutschland und in der Ukraine gekauft und von der GIZ im Auftrag des Bundesumweltministeriums im Rahmen der „Exportinitiative Umweltschutz“ zur Verfügung gestellt, darunter eine mobile Sortieranlage, ein Abfallsammelfahrzeug, ein Lader, eine Ballenpresse, ca. 500 Container und andere Werkzeuge und Instrumente. In der Anfangsphase seiner Tätigkeit bedient EcoService2022 die 22 Siedlungen der vier Gemeinden mit einer Gesamtbevölkerung von etwa 70.000 Einwohner*innen. Der Fokus liegt auf der Einführung einer getrennten Abfallsammlung, dem Aufbau und Management einer Deponie für Haushaltsabfälle. Seit September 2023 berät der Bergische Abfallwirtschaftsverband EcoService2022 im Rahmen einer Betreiberpartnerschaft. Da aufgrund des Krieges Reisen in die Ukraine nicht möglich sind, liegt der Schwerpunkt der Zusammenarbeit in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auf virtuellen Austauschformaten für Mitarbeitende von EcoService2022. Als erster Abfallzweckverband hat EcoService2022 das Potential, mit einem erfolgreichen Konzept ein beispielhaftes Pilotprojekt für die interkommunale Zusammenarbeit im Abfallsektor für die Ukraine zu werden.

Innerhalb von weniger als einem halben Jahr ist es uns gelungen, einen Müllberg in der Höhe eines fünfstöckigen Hauses zu verarbeiten, anstatt ihn auf der Deponie zu entsorgen. Das Unternehmen hat auch begonnen, eigenes Geld zu erwirtschaften. Da hat uns die Partnerschaft sehr geholfen: Zum einen durch die Technik, zum anderen durch Erfahrungsaustausch. Das ist das Wichtigste.
Mykhailo Melnychenko, stellvertretender Bürgermeister von Pyrjatyn, Ukraine

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Weitere Informationen und alle Präsentationen befinden sich auf der Dokumentation des 7. Netzwerktreffen der Betreiberplatttform.


erstellt von:
Burkhard Vielhaber, Betreiberplattform


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